Homage to Mary Bauermeister-Performance
Die Angst des Performers vor der Performance
Ich möchte performen
beim Entwickeln des Textes dachte ich an Peter Handke und 'die Angst des Torwarts vorm Elfmeter'.. irgendwie
17.Juli
Mein Bauch grummelt ..ich denke die ganze Zeit nach, warum ich mich wieder einmal auf eine Performance eingelassen habe?
Brauche ich diesen Stress wirklich…. Erinnere mich.. ja es war Manula in Overath und ich überlege, ob es meine Eitelkeit war .. " bedeutende Künstler sind da auch" was immer das heißt … gut, die wunderbare alte Mary - dazu ist es an ihrem Geburtstag…welche Ehre ..und es kam nach einer euphorischen Phase, performe viel mit den jungen KünstlerInnen von PAErsche in Köln und überall… ja und dann habe ich ja noch tausende Glasröhrchen, das Material, dass neben vielen Dingen, Mary und mich verbindet – nun ich sehe es zumindest so.. Glas war auch Fritz Lauten unser gemeinsamer Freund. Es ist Licht, hat Eleganz und etwas von Freiheit und Ewigkeit… ist scharf, gefährlich und auch ich habe gelernt es zu fassen .. zu schneiden….. Kirchenfenster gemacht…….
Ich glaube ich variiere die Performance vom Frühjahr, die ich im Bonner Kunstforum machte … Die große Wanne würde hinten ins Auto passen… in ihr liege ich wieder nackt mit Lehm besudelt unter den Glasröhrchen.. spärliches Licht.. ich bewege mich und irgendwann kommt, die auf einem Rollwagen stehende Wanne, ins Schaukeln stürzt um….. ein riesiges Geklirre und ich beginne die Röhrchen zu sortieren.. in eine Richtung zu rollen wie ein gläsernes Laufband…
Aber in Overath.. wie ist der Boden.. ist der glatt genug? muss ich noch mal recherchieren ..und wenn da gerade ein Zug durchfährt ist die ganze Wirkung der Arbeit verpufft – dabei brauch es nicht mal eine Dampflok zu sein.. oh Kalauer… werde noch einmal darüber nachdenken ..
20 Juli
Überlege eine andere Variation mit den Glasröhrchen ..die ich in Köln aufführte …
Im Artclub wickelte ich mir ca. 50 Stück mit Frischhaltefolie um den Bauch, presste mich dann in ein weißes Hemd und quetschte die Jacke darüber…
Fühle mich wie ein islamistischer Selbstmordattentäter….. Sieht aber irgendwie scheiße aus, so dick – zum Glück sind alle Fotos unscharf wie fast immer bei meinen Arbeiten……wie war das noch…das Aufschneiden der Folie dauerte zu lange und dann entsteht Stress, .. mit dem Cutter nicht nur die Folie, sondern auch die eigene Bauchdecke aufzuritzen.. Wäre spektakulär für das Publikum aber nicht mein Ding und so fummele ich zu vorsichtig.. außerdem zerspringen die Röhrchen wenn sie aus der Höhe auf den Steinboden fallen.. also hinknien.. jetzt funktioniert es.. zumindest sind noch ausreichend intakte Rollen auf dem Boden.. Der Versuch auf einer Spiegelscheibe stehend, über die Glasröhren zu surfen misslingt …. ich rase mit dem Spiegel ab wie auf Glatteis und klatsche hinterrücks auf den Boden.. der Spiegel kracht an einen Stuhl… zum Glück habe ich niemanden verletzt….. Als nächster Performer verliest Walter Steeling das kommunistische Manifest von Karl Marx auf Kölsch… so kann ich in Ruhe die Scherben wegräumen… Etlichen gefiel die Arbeit .. es ist wie immer, alles relativ… im Kontext zu sehen… OK, es war ein Versuch wert, aber Skateboard fahren - und das ist es dann im Grunde – habe ich vor langer Zeit aufgegeben. Es ist etwas für Jugendliche aber nicht für untrainierte Künstler mit alten Knochen….
Also werde ich doch auf den Knien die Rollen entlang surfen….
2. August
Gehe mit der Hündin spazieren… der Kopf wird frei. nach der Performance-Exkursion zu Brise 2 in Flensburg und Dänemark … irgendwie ist da alles leerer als im Rheinland. Wenige Menschen im öffentlichen Raum. Alles geregelt Straßen am Hafen entlang als sei es die A3 nach Frankfurt.. ich habe ein Loch gegraben.. nichts mit Glasröhrchen… Der Boden war hart wie Beton und nur mit einem Spaten der Funken schlug - eher eine meditative Übung…
Als ich nach 1 ½ Stunden durch war, kam Sand.. jetzt ging es schnell aber tiefer als 1.50m ist das Ding nicht geworden.. die KollegInnen, die auf dem leeren Platz in der Mittagshitze die verrücktesten Bilder generieren sind mit Ihren Performances fertig.. Heißt für mich dann auch zuschütten und ab in die Kneipe.
Müssen beim Performen überhaupt Bilder entstehen ? Ich performe lieber Geschichten.. Es gab auch einmal lange Diskussionen, ob man überhaupt Photographieren darf,,,, aber so wie sich die Schreibweise veränderte und das Foto jetzt mit f geht, so entgeht den digitalen Kameras nur noch sehr wenig.. denke an N S A und Snowden… das bewegt mich, erregt mich, die Unverfrorenheiten der Mächtigen, fast noch schlimmer in England diese Leute zu tyrannisieren und – das kommt sicher noch - eliminieren… und das in Demokratien ! Es scheint, dass fast keiner begreift um welche elementaren Dinge und Veränderungen es hier geht. …. Ok. nach 4 Wochen haben sich vor einem Jahr Enzensberger und Frank Schirrmacher als Intellektuelle immerhin zu Wort gemeldet. Aber der Farnk lebt nicht mehr und die anderen demonstrieren lieber gegen Terror im nahen Osten (nee nicht gegen den IS und die syrischen oder überhaupt die ganzen Fundamentalisten.. die nimmt man eh nicht ernst Der nahe Osten.. das ist geprobt einige kritische Worte zur Hammans und dann die unverhältnismäßige Gewalt der Israelis. Muss auch sein aber aber das ist ja Steinzeit Krieg Aug um Aug.. was sich mit der Datenverfügbarkeit der Menschheit abzeichnet hat eine völlig andere Dimension.. das ist die Atombombe der Soziologie.. nur begreift das fast keiner.. das Telefonüberwachen ist albern… Aber wie kann man das in einer Performance einbringen…… zum Schreien ist mir zumute. Ja schreien bis man keine Stimme mehr hat…das wäre es vielleicht, aber dann auf einem öffentlichen Platz … und dann kommt sicher bald ein Krankenwagen und man ist drin im System der NSA etc.. denn die Filter kennen keine Kunst oder Ironie..
Dazu wurde ja schon lange und oft und eindringlich von anderen PerformerInnen geschrien und wer hat nicht alles schon seine Verzweiflung aus der Seele gebrüllt.. vielleicht sollte ich auch einfach leise sein… ja und ich wollte ja etwas schönes machen mit Glas- eine homage an Mary….. ich muss noch einmal von vorne anfangen
Nächster Tag, wieder mit der Hündin unterwegs
Im Wald bricht sich ein irres Licht…. . denke wie ich als Kind immer versuchte die alten Bäume mit ihren tausenden Ästen und Millionen Blättern abzuzeichnen. Buchen haben etwas, aber Eichen sind in unserer Region einfach die Könige mit ihren spektakulären Verästelungen. Das hat der alte Caspar David gut erkannt… Feline steht im Bach und bellt. Sie will, dass ich Ihr Steine zuwerfe, die sie heraustauchen kann.. dann kommt sie aus dem Wasser. Sieht gertenschlank aus und wälzt sich in den Fichtennadeln… um ein vielfaches Volumen aufzubauen.. bis zu Hause parfümiert sie sich noch 4 x,, heißt sie schmeißt sich in die Scheiße von Rehen, Füchsen, Kühen was weiß ich….
Im Wald war das Licht… Aber kann man das Erlebnis „Wald“ in einer Performance transportieren… in ein bürgerliches Kulturzentrum in Overath…
Werde heute Abend weiterdenken.. auf dem Bauch liegend im Bett.. kurz vor dem Einschlafen.. da kommen mir die besten Ideen.. So kurz vor der Traumphase durchspiele ich in Gedanken die Handlung.. verliere den Faden, fange noch einmal von vorne an… um gedanklich wieder alles durchzuspielen jeder hat seine eigene Strategie eine Performance zu entwickeln.. ich muss auf dem Bauch liegen..
Freitag 9. August
Es gibt eine neue Idee.. eigentlich ist sie alt denn ich habe es vor fast 20 Jahren für Stettin in Polen entwickelt.. Ich werde den Raum mit einer bläulichen milchigen Folie trennen.. auf der einen Seite das Publikum und auf den anderen ich… mit der Kleidung überlege ich noch etwas..
Hinter der Folie einige blaue Lampen.. Ein Labor – es kann auch grünes Licht sein.. als Schatten wahrnehmbar kippe ich die Röhrchen aus einem Behältnis – das Klirren ist durchdringend…. ich sortiere sie hintereinander, so dass sie sich langsam in einer Reihe unter der Folie hervorschieben und rollen.. Richtung Publikum… Stück für Stück…in der Folie ist ein senkrechter Schnitt.. erst überlege ich, ihn während der Performance zu setzen, aber dann wissen die Leute, dass ich hindurchkomme.. mich langweilen Performances, bei denen man vorab weiß, was geschieht…. Irgendwann lege ich meine Spiegelscherbe auf die Rollen und komme durch den Vorhang gerauscht.. direkt ins Publikum.. also muss ich einigen am Kopfende des Raumes Bescheid geben, dass sie zur Not Platz machen.. – wenn das nicht irgendwann schief geht…
Vielleicht sollte ich gar nicht auf den Rollen entlangfahren sondern einfach lange Scheiben unter der Folie hindurch schieben mit Moos.. das hat etwas magisches… Snowden ist unter dem Moss versteckt… Blödsinn….
Die ganze Geschichte mit dem Vorhang wird in Overath nicht funktionieren sagt mein Bauch… In Österreich, ja da gibt es eine andere barock- sinnliche Alltagskultur.. denke an die israelische Performerin Anat, die in Wien lebt und was sie alles in Köln veranstaltete..
OK Overath ist auch katholisch aber …. Also noch einmal von vorne anfangen….
Montag der 12.8. 15:00 Uhr
Ich schneide ungewaschenen Pansen.. für die Hündin.. meine Tochter Liane meinte einmal, das sieht aus, wie ein Kuschelkissen, Jetzt reist sie seit über zwei Jahren in der Welt umher ist irgendwo im Himalaya und braucht den unglaublichen Gestank nicht zu riechen. ..Hm Pansen.,. da hat noch keiner mit performt.. den könnte man in Overath beim Metzger besorgen… dazu das große Hackemesser aus China und ein Wetzstein ..das sind doch wunderbare tools… sie haben etwas Lauerndes…
18:00 Uhr
denke wieder an den Pansen … ich wälze mich nackt in Pansen… aber was mache ich mit den Glasröhrchen.. und gibt es da eine Dusche ?. meine Finger riechen immer noch nach Pansen, obwohl das Schneiden bereits 3 Stunden und 5 x Hände-schrubben her ist..
Außerdem ist das mit dem nackt so ein Ding… In Bonn habe ich seit langem wieder nackt performt.. manchmal gibt es halt nicht die passende, überzeugende Kleidung.. die Frauen kommen dann immer mit einer schwarzen Strumpfhose gut weg..
aber …..seit Bonn sind Monate vergangen und das gute Essen in Italien und Österreich hat Spuren- besser gesagt Ringe- an den Hüften hinterlassen.. Nackt geht jetzt gar nicht und wenn dann nur im Dunkeln mit viel Lehm…
Den Stinke Pansen verwerfe ich…. Es ist nicht mein Ding… und was zum Teufel hat das mit Mary zu tun… sie ist auch noch Vegetarierin – wenn nicht sogar inzwischen vegan ..muss besser fragen das wäre etwas für Schwarzkogler oder Nietsch.. aber der Gestank ist schon irre…. Ich werde so eine Arbeit in meine engeren Überlegungen für ein anderes Mal aufnehmen. Pansen im Wald….
Werde heute Abend wieder weiterdenken.. auf dem Bauch liegend im Bett.. kurz vor dem einschlafen.. das mit dem Pansen wäre mir im Bett nicht eingefallen….
Es gibt noch keine Handlung zum durchspielen.. Nur einzelne Noten.. die Gesamtkomposition steht nicht.. lediglich ein tool ..die Glasröhrchen
Dienstag: 13. 8.
Meine Finger riechen noch immer leicht nach Pansen…War wohl zu müde gestern Nacht …. heute morgen wusste ich nichts mehr.. keine neue Handlung.. möchte auch nicht beim Frühstück alle nerven mit meiner Angst vorm performen
Ist ja noch Zeit..
Also Eduard Snowden sollten wir Asyl gewähren ..jetzt hängt ausgerechnet er bei Putin fest.. Sage einer Geschichte kenne keine Ironie
Das hat mit meiner Performance jetzt nichts zu tun.
Laufe wieder mit der Hündin....es hat eben geregnet und so hängen die riesigen Halme des drusischen Springkrauts in die Wege.. sie sind fast reif.. bei jeder Berührung explodieren die Blüten und schleudern ihre Samen in die Landschaft.. auch reizvoll zum performen. …aber unmöglich zu transportieren… heute keine neuen Ideen im Wald …
Mittwoch 14.8. wieder nichts.. da ist nur Leere vielleicht muss ich mich von den verdammten Glasröhrchen lösen… Vielleicht braucht das Licht ja einfach nur einen Geistesblitz und gar kein Material…
Samstag 24. 8 Habe wieder Pansen gekauft. Dieses Mal war er wohl zu alt. Die Textur des Kuschelkissens löst sich beim Schneiden vom Fettgewebe und der Gestank ist noch mörderischer. Feline schaut gelangweilt zu. . Werde den Metzger wechseln. Bin traumatisiert.. meine Hände mag ich nicht aus der Seifenlauge nehmen.
Montag 26.8 Ich packe.. ) 1 Kleiner Tisch, eine Lampe und 1 Karton Glasröhrchen.
für alle Fälle – wer weiß was mir spontan einfällt ..
Obwohl ich denke ich werde sie wohl nicht zum performen nutzen.. Ich glaube ich lese was aus meinem Tagebuch vor.. doch wieder eine Geschichte ohne Bilder… nur Bilder die bei den Betrachtern selbst im Kopf entstehen….die müssen zuhören und in ihren eigenen Schädel schauen, was einem Künstler alles so durch den Kopf geht, wenn man eine Performance entwickelt.. nie weiß ob sie gelingt oder scheitert….
Rolf Hinterecker 2014